Die Jahre 1952ff. im Zeitraffer
Und so fing alles an…
Die Gründung des Liederkranz Magstadt erfolgte in einer Epoche des Aufbruchs. Liberale und nationale Tendenzen in einem Gebilde, das sich Deutscher Bund nannte und aus 39 souveränen Staaten bestand, kennzeichnete diese aufregende Zeit.
Auf der Wartburg und am Hambacher Schloss wurde protestiert, in der Frankfurter Paulskirche debattiert und in Baden, der Pfalz und in Sachsen sogar revolutioniert.
Und was machten die tapferen Schwaben? Hier ließ man die Obrigkeit weiterhin gewähren und frönte lieber der aufkommenden Romantik und der Hoffnung auch so eine demokratische Erneuerung Deutschlands zu erleben. Leider war es vergebliches Hoffen, wie die Geschichte lehrte. Doch es gab einen Gewinn dieses idealistischen Denkens. Daraus entwickelte sich der Anstoß für eine mächtige, bürgerliche Sängerbewegung. Dichter und Denker schufen die Vorlagen und unser schwäbisches „Käpsele“ Friedrich Silcher und viele andere wandelten die Gedichte zu echten Volksliedern in mehrstimmigem Chorsatz.
Auch im 2000 Seelendorf Magstadt wurde dies erkannt und man staune: Von einem Lehrer! Wie in alten Protokollen nachzulesen ist, begann der damalige Unterlehrer Bolay „ … eine Anzahl Bürger und lediger Bürgersöhne im mehrstimmigen Gesang … “ zu unterrichten. Im Herbst 1839 bildete sich daraus ein Gesangverein mit sofortiger, positiver Auswirkung, die so vermerkt wurde: „Es wurde nicht nur der Gesang lediger Söhne auf der Straße verbessert, sondern auch erreicht, dass sich die Burschen gebildeter aufführten.“
Belohnung für diesen Eifer waren 10 Gulden 48 Kreuzer aus der Gemeindekasse, als Startkapital. Man sang „bey manch feyerlicher Gelegenheit“ und zog mit nagelneuer Fahne beim Sängerfest in Ludwigsburg ein. Doch dann stagnierte das Ganze, weil Lehrer Bolay nach vier Jahren versetzt wurde. Der Mangel eines eingeübten Chors führte dazu, dass trotz „gesunder Lungen, guter Stimmen und Singlust, nur noch schmutzige Gassenhauer“ gesungen wurden. Erst Anfang der 1870er-Jahre gelang mit neuem Schwung die Wiederbelebung des Magstadter Liederkranz.
Tüchtige Dirigenten und rührige Vorstände sorgten für beachtliche Erfolge zum Beispiel bei Festtagsauftritten, Sänger-Treffen und als Gastgeber des Gau-Sängerfestes 1905. Bei damals häufigen Preissingen wurden 1. und 2. Preise erzielt und zweimal gab es, mit viel Pomp, eine neue Fahne. Der Marsch hinter der „Preußischen Fahne“ in den Ersten Weltkrieg und die vom „Kaiser und Vaterland“ erzwungenen Schlachtgesänge sorgten für jähe, schmerzhafte Unterbrechung.
Doch trotz Nachkriegsnot und Inflation wurde erneut gestartet und zwar zweigleisig. Neben dem bürgerlichen Liederkranz bildeten die Arbeiter ihren eigenen Gesangverein, die „Freiheit“. Diese Freiheit endete 1933 mit dem Verbot durch die Nazis und der Zwangsheirat bei der sogenannten Gleichschaltung. Im Liederkranz leistete sich der „Reine Männerchor“ 1923 die Anschaffung eines Flügels und gestattete großzügig den Frauen im Gemischten Chor mitzusingen, eine damals fast revolutionäre Entscheidung. Es folgten Jahre, ausgefüllt mit vielerlei Gelegenheit sich öffentlich zu präsentieren. Man könnte es so zusammenfassen: „Hochzeit, Leich‘ und Kirchenfescht, Preisgesang in manchem Nescht, selbst im Radio der Verei‘ – überall isch er dabei!“
Das 100-jährige Jubiläum wurde 1939 gefeiert, es zählte zu den letzten freudigen Ereignissen, denn düstere Wolken standen am Himmel. Der hereinbrechende Zweite Weltkrieg erzwang einen neuerlichen Einschnitt unter Tränen und Leid. Der Versuch, den Chorbetrieb mühsam aufrecht zu erhalten, endete 1944.
Schon wenige Monate nach Kriegsende – Neubeginn, und diesmal friedlich vereint beim gemeinsamen Lied! Mit der Erlaubnis der Militärregierung wurde, in recht beengten Verhältnissen und mit geringsten Mitteln, das Singen wieder aufgenommen. Da es unmöglich war die notwendige Literatur zu beschaffen, schrieb der Chorleiter die Noten zum Kopieren an die Schulhaustafel.